093 - Der Geist im Totenbrunnen by Cedric Balmore

093 - Der Geist im Totenbrunnen by Cedric Balmore

Autor:Cedric Balmore
Die sprache: de
Format: mobi, epub
Tags: Vampir Horror Roman
veröffentlicht: 2013-12-16T23:00:00+00:00


Sie gingen zum Totenbrunnen. Daphne leuchtete hinein. Die Bohlen lagen dort, wo sie immer gelegen hatten. Sie machten nicht den Eindruck, als ob sie in letzter Zeit verschoben worden wären.

„Na, siehst du“, sagte Harry erleichtert.

Daphne ließ den Lichtkegel der Lampe über die Quadersteine der Einfassung gleiten. Der wandernde Kegel stoppte an einer frischen Bruchstelle. Daphne holte den Stein aus der Tasche ihres Hausmantels. Er fügte sich nahtlos in die Lücke ein.

„Es ist also wirklich passiert“, murmelte sie fassungslos. „Es war kein Traum!“

„Du redest Unsinn“, herrschte er sie an. „Gespenster hinterlassen keine Spuren. Es ist so, wie ich es dir sage. Du hast den Stein unbewußt mitgenommen, vielleicht hat er später den dummen Traum ausgelöst. Der Beweis: du befindest dich nicht im Brunnen, sondern neben mir. Als ich klingelte, bist du in deinem Bett erwacht. Wenn dein Erlebnis irgendeine Beziehung zur Wirklichkeit hätte, müßtest du jetzt mit zerschmetterten Gliedern tot im Brunnen liegen.“

„Ja, das ist wahr“, murmelte sie. „Es sei denn…“

Sie führte den Satz nicht zu Ende.

„Nun?“ dränge er.

Sie blickte ihn an und knipste die Taschenlampe aus. Im Dunkel war sein Gesicht nur noch ein blasses, schemenhaftes Oval. „Es sei denn“, flüsterte sie, „die Geister von Marhill Place geben sich nicht damit zufrieden, uns zu töten. Sie wollen uns quälen und unser Ende durch eine Serie grauenhafter Ereignisse herbeiführen.“

Harry O’Neill machte abrupt kehrt. „Ich weigere mich, diesen Unsinn zu glauben. Ich will nichts mehr davon hören“, sagte er scharf. Daphne folgte ihm schweigend ins Haus. Sie setzten sich und tranken.

„Und was ist mit dem Gemälde?“ fragte Daphne nach kurzer Pause. „Welche Erklärung hast du dafür?“

„Ich nehme an, Cochran hat es wieder in den Rahmen gespannt“, sagte er.

„Ich denke, das ist technisch nicht möglich?“

„Man müßte sich das Bild von hinten ansehen. Vielleicht hat er es mit Klebestreifen geschafft…“

„Glaubst du das wirklich?“

Harry O’Neill zögerte mit einer Antwort, dann sagte er resigniert: „Nein.“

„Na also, hier sind Kräfte und Gewalten im Spiel, denen wir nichts entgegenzusetzen haben und denen wir hilflos ausgeliefert sind!“

„Wir können diesen Kräften – falls es sie wirklich gibt – leicht ein Schnippchen schlagen“, sagte er. „Wir verlassen Marhill Place und Hillory Village. Wir ziehen nach London, in ein Hotel. In Hotels spukt es nicht.“

„Willst du den Besuch eines Geistes durch den der Polizei ersetzen?“ fragte Daphne bitter. „Dieser jähe Ortswechsel würde Verdacht erregen. Aus heimlichem Klatsch würde unter Umständen eine konkrete Anklage werden.“

„Was schlägst du vor?“

„Ich bin völlig fertig, buchstäblich am Ende“, seufzte Daphne und ließ die Schultern hängen. „Das ist Leroys Rache, glaube es mir…“

„Du spinnst!“ sagte er wütend. „Leroy ist mausetot, er hat weder mit den Ahnen dieses Hauses etwas zu tun, noch ist anzunehmen, daß sie sich seinetwegen zu einer Sympathiekundgebung entschlossen haben.“

„Warum eigentlich nicht?“ fragte Daphne und schaute ihm ängstlich in die Augen. „Die Lebenden halten zusammen, warum sollte es unter Toten nicht ähnlich sein?“

„Einen Pakt der Toten…“

„Das ist ein treffender Ausdruck, genau das wollte ich sagen“, erklärte Daphne und wiederholte erschauernd: „Einen Pakt der Toten…“

„Horrender Quatsch!“ wehrte sich Harry O’Neill gegen diese Vorstellung, aber er sah auf einmal sehr nachdenklich aus.



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